Aufgebotsverfahren
In Aufgebotsverfahren fordert das Gericht öffentlich zur Anmeldung von Ansprüchen oder Rechten auf, mit der Wirkung, dass die Unterlassung der Anmeldung einen Rechtsnachteil zur Folge hat.
Die Fälle, in denen ein Aufgebotsverfahren durchgeführt werden kann, sind im Gesetz abschließend geregelt. Dies sind insbesondere:
- Aufgebot des Grundschuld-, Hypotheken- oder Rentenschuldbriefes,
- Aufgebot zur Kraftloserklärung von Urkunden (Sparbücher etc.),
- Aufgebot von Nachlassgläubigern
- Aufgebot des Eigentümers von Grundstücken, Schiffen und Schiffsbauwerken
- Aufgebot des Gläubigers von Grund- und Schiffspfandrechten
- Aufgebot des Berechtigten sonstiger dinglicher Rechte (z. B. Aufgebot des Vormerkungsberechtigten, Aufgebot des Vorkaufsberechtigten)
- Aufgebot der Schiffsgläubiger.
Der Ablauf des Aufgebotsverfahrens ist in den §§ 433 bis 484 FamFG geregelt.
Antragstellung/Zuständigkeit
Voraussetzung für die Durchführung eines Aufgebots ist ein Antrag eines Antragsberechtigten. Der Antrag kann
- schriftlich oder
- zu Protokoll der Rechtsantragstelle des Amtsgerichts
gestellt werden.
Der Antrag kann darüber hinaus auch bei dem Amtsgericht des Wohnsitzes des Antragstellers/der Antragstellerin gestellt werden.
Zuständig für die Durchführung der Aufgebotsverfahren ist das Amtsgericht. Je nach Art des Aufgebotsverfahrens bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit u.a. nach
- dem in der Urkunde bezeichneten Erfüllungsort (Aufgebot des Sparbuchs)
- der Lage des Grundstücks (Aufgebot des Eigentümers und Aufgebot zur Kraftloserklärung von Grundpfandrechtsbriefen)
- dem letzten Wohnsitz oder Aufenthaltsorts des Erblassers (Aufgebot der Nachlassgläubiger).
Öffentliche Bekanntmachung/Aufgebotsfrist
Das Amtsgericht veranlasst, dass das Aufgebot öffentlich bekannt gemacht wird.
Zwischen dem Tag, an dem das Aufgebot erstmals veröffentlicht wird und dem Anmeldezeitpunkt muss, wenn das Gesetz nicht eine abweichende Anordnung enthält, ein Zeitraum (Aufgebotsfrist) von mindestens 6 Wochen liegen.
Beispielsfälle
Aufgrund der Vielzahl von möglichen Aufgeboten und der jeweils unterschiedlichen Verfahrensvoraussetzungen werden im Folgenden nur einige Aufgebotsverfahren näher erläutert.
Antrag:
Antragsberechtigt ist derjenige, der das Grundstück seit 30 Jahren im Eigenbesitz hat.
Voraussetzung ist, dass der Eigentümer des Grundstücks oder dessen Rechtsnachfolger in diesen 30 Jahren den Besitz nicht ausgeübt hat.
Ist der Eigentümer im Grundbuch eingetragen, ist das Aufgebotsverfahren nur zulässig, wenn er gestorben oder verschollen ist und eine Eintragung in das Grundbuch, die der Zustimmung des Eigentümers bedurfte, seit 30 Jahren nicht erfolgt ist.
Die genannten Tatsachen sind von dem Antragsteller glaubhaft zu machen.
Rechtsfolgen:
Durch den Ausschließungsbeschluss wird der eingetragene Eigentümer oder dessen Rechtsnachfolger ausgeschlossen.
Der Antragsteller kann nun das Eigentum an dem Grundstück erwerben, in dem er sich in das Grundbuch eintragen lässt.
Hierzu bedarf es eines Antrags an das Grundbuchamt unter Beifügung einer Ausfertigung des Ausschließungsbeschlusses. Der Antrag ist dem Grundbuchamt in öffentlich beglaubigter Form vorzulegen.
Das Aufgebot gibt dem Erben die Möglichkeit, sich einen Überblick über den Umfang der Nachlassverbindlichkeiten zu verschaffen und gegebenenfalls die Überschuldung festzustellen. Auf dieser Grundlage kann er dann entscheiden, ob er Maßnahmen zur Haftungsbeschränkung (z.B. Nachlassinsolvenzverfahren) einleiten soll. Zudem kann der Erbe durch das Aufgebotsverfahren vermeiden, dass unbekannte Gläubiger wegen ihrer Forderungen auf sein Eigenvermögen Zugriff nehmen.
Antrag:
Antragsberechtigt ist jeder Erbe (auch jeder Miterbe), der die Erbschaft angenommen hat und nicht bereits unbeschränkt für die Nachlassverbindlichkeiten haftet.
Ebenfalls antragsberechtigt sind der Testamentsvollstrecker, der Nachlasspfleger sowie der Nachlassverwalter.
Dem Antrag ist ein Verzeichnis der bekannten Nachlassgläubiger mit Angabe ihrer Wohnorte beizufügen.
Rechtsfolgen:
In dem Aufgebotsverfahren werden die Nachlassgläubiger aufgefordert, ihre Forderungen anzumelden.
Meldet der Nachlassgläubiger seine Forderung nicht an, ist er durch das Aufgebotsverfahren ausgeschlossen. Dies bedeutet, dass der Erbe dem ausgeschlossenen Gläubiger gegenüber nur mit dem Nachlass, nicht mit seinem Privatvermögen haftet. Er kann die Befriedigung eines im Aufgebotsverfahren ausgeschlossenen Gläubigers insoweit verweigern, als der Nachlass durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft wird. Die Forderung des ausgeschlossenen Gläubigers erlischt jedoch nicht, weshalb sie zumindest vor der Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen und sonstigen Auflagen zu befriedigen ist.
Folgende Gläubiger sind von dem Aufgebotsverfahren nicht betroffen:
- dinglich Berechtigte
- Pflichtteilsberechtigte
- Vermächtnisnehmer
- Auflagenbegünstigte
- Gläubiger, denen der Erbe unbeschränkt haftet.
Für diese Gläubiger kommt eine Haftungsbeschränkung nicht in Betracht, sodass sie auch im Falle der Nichtanmeldung der Forderung keinen Rechtsnachteil erleiden.
Antrag:
Antragsberechtigt ist derjenige, dem das Recht zum Zeitpunkt der Antragstellung zusteht. Dies ist
- bei Inhaberpapieren der bisherige Inhaber des abhandengekommenen oder vernichteten Papiers (z.B. eingetragener Besitzer des Sparbuchs)
- bei anderen Urkunden derjenige, der das Recht aus der Urkunde geltend machen kann (z.B. Gläubiger des Grundpfandrechts).
Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
- Der Antragsteller muss eine Abschrift der Urkunde beibringen oder den wesentlichen Inhalt der Urkunde und alles weitere angeben, was zu ihrer vollständigen Erkennbarkeit erforderlich ist.
- Ferner muss er den Verlust der Urkunde sowie die Tatsachen glaubhaft machen, von denen seine Berechtigung zur Beantragung des Aufgebotsverfahrens abhängt.
- Schließlich ist durch den Antragsteller an Eides statt zu versichern, dass die gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen.
Rechtsfolgen:
Durch das Aufgebotsverfahren wird der Inhaber der Urkunde aufgefordert, seine Rechte bei dem Gericht bis zum Anmeldezeitpunkt anzumelden und die aufgebotene Urkunde vorzulegen.
In dem Ausschließungsbeschluss wird die Urkunde für kraftlos erklärt.
Derjenige, der den Ausschließungsbeschluss erwirkt hat, ist nunmehr berechtigt, die Rechte aus der Urkunde geltend zu machen.